Piraten des Diktators
Regie   Jürgen Stumpfhaus
Kamera Hans Rombach, Hans Jakobi
Ton Norbert Schröder
Schnitt   Josef van Ooyen
Länge   2 x 45 min
Format Video
Jahr / Sendung 1999
Synopsis
Auch im zweiten Weltkrieg operieren deutsche Hilfskreuzer als Geisterschiffe auf den sieben Weltmeeren. Ob Südatlantik, Indischer Ozean, ob Pazifik oder am Rande des antarktischen Eises, sie sind allemal Haie unter kleinen Fischen. Getarnt als harmlose Frachtschiffe machen sie Jagd auf Handels- und Passagierschiffe kriegsführender Nationen.

Der Film "Die Piraten des Diktators" erzählt die Geschichte der "Atlantis" und der "Komet". Die Geschichte von zwei deutschen Hilfskreuzern, die nicht unterschiedlicher sein können. Das größte und das kleinste, das berüchtigtste und das harmloseste, das kriegerische und das romantische.

Während die "Atlantis" einen zerstörerischen Handelskrieg führt, versenkt man auf der "Komet" vorab nur das mitgeführte Bordflugzeug und das eigene Schnellboot. Dennoch gehen beide in die Seefahrtsgeschichte ein.
Vielleicht weil die Namen der Schiffe zu ihrem eigenen Schicksal werden sollen.

Die "Komet" bleibt ein Schiff, das durch seine abenteuerliche Fahrt durch die Nordostpassage und tropische Gewässer bekannt wird. Das zweite Schiff dagegen, die "Atlantis", ist ein gefürchtetes Kriegsschiff, das mit ständig neuer Tarnung, unter zehn verschiedenen Flaggen und unter Dutzenden von Namen die Weltmeere befährt. Nach fast zwei Jahren auf See, wo sie unerkannt als Wolf im Schafspelz Beute gemacht hat, wird sie durch einen Zufall enttarnt und im Atlantik von einem britischen Kreuzer versenkt. Spektakulär ist die Rettung ihrer Besatzung, die in Rettungsbooten von deutschen U-Booten über den Atlantik geschleppt wird. Über 10.000 Kilometer.

Der Film rekonstruiert mittels der Berichte von Augenzeugen, szenischen Elementen und Archivmaterial die Geschichte der "Piraten des Diktators", die man auch die "Haie im Paradies" nannte.

Eine Geschichte voller Gegensätzlichkeiten.

Pressetexte Das Aufspüren von Material über die "Atlantis" erwies sich als überaus schwierig. Ein Segelschiffkapitän aus Bremerhaven gab den entscheidenden Hinweis: Fragen Sie Peter Tamm in Hamburg und besuchen Sie sein privates Institut für Marinegeschichte.

Ein Tag später kam es zu dem ersten Treffen mit dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Springer Verlages. Prüfende Blicke, mißtrauische Fragen, die sich im Verlauf des Gespräches in Wohlwollen auflösten, denn die "Atlantis" war sein persöniches Steckenpferd. "Ich bin kein Sammler, sondern Jäger, seit 35 Jahren", erklärte Peter Tamm, während er seine Schätze offenlegte: Unterlagen der geheimen Kommandosache des "Schiff 16", Tagebücher, private Gegenstände, wie beispielsweise das Geschenk des japanischen Kaisers an den Kapitän Bernhard Rogge. Ein Samuraischwert, als Dank für einen unschätzbaren Dienst.

Und schließlich das unglaubliche Filmmaterial des Adjudanten des Kapitäns der "Atlantis", einem Bananenfrachter mit der Feuerkraft eines Zerstörers. Er war der wohl erfolgreichste Kaperfahrer auf allen Weltmeeren und die britische Marine jagte zwei Jahre lang erfolglos das deutsche "Gespensterschiff". Die einzige Möglichkeit, das Schiff aufzuspüren, das sich ständig umtarnte, lag in der Entzifferung der Funksprüche. Diese aber waren mittels der deutschen "Enigma" verschlüsselt. Um den Code zu knacken, wurde vom Geheimdienst nördlich von London "Bletchley Park" etabliert. In einem Landschloß arbeitete seit dem Auslaufen der "Atlantis" die intellektuelle Elite Großbritanniens Tag und Nacht an der Dekodierung der Funksprüche.

Der Besuch von "Bletchley Park" war zuerst ernüchternd. Ein Park, ein victorianisches Landschlößchen, daneben nichts als leerstehende Holzbaracken, eine kleine Austellung, aber überall freundliche Leute, die vieles ermöglichen sollten.

Die Reise führte weiter nach London, wo 1940 in den unterirdischen "War Rooms" des britischen Regierungssitzes, die Operationszentrale des Generalstabes eingerichtet war. Bei Kriegsende hatte man alles stehen und liegenlassen. Bis zum heutigen Tag. Sogar die ausgedrückte Zigarre von Winston Churchill lag noch im Aschenbecher seines Büros. Auf die Frage,warum das Hauptquatier inmitten Londons eingerichtet wurde, antwortete der Museumsdirektor:
"Dopple bluff, die Deutschen dachten, das könne bestimmt nicht wahr sein." Bis in den frühen Morgen wird an den Orginalschauplätzen gedreht, während auf dem Gang teilnahmslos Sekretärinnen, Offiziere und sogar Winston Churchill geduldig warteten, waren sie doch aus Wachs.

Das letzte Mosaiksteinchen in der Rekonstruktion der Geschichte blieb das Schiff. Doch dieses lag drei Meilen tief auf dem Meeresgrund, dort, wo man heute den untergegangenen Kontinent Atlantis vermutet. Die Suche nach einer Doublette erwies sich als überaus schwierig. Alle Stückgutfrachter aus jener Zeit waren längst abgewrackt. Auch die deutsche Bundesmarine winkte ab, alle ähnelnden Versorgungsschiffe seien bis Jahresende auf großer Fahrt. Museumschiffe? Nein. Das sind weltweit ausschließlich restaurierte Windjammern, kein einziger Bananenfrachter sei dabei. Es gäbe allerdings ein Schiff, das der "Atlantis" tatsächlich ähnlich sieht: die "Cap San Diego", an der Hamburger Überseebrücke. Eine private Initiative hielte das Schiff immer noch fahrbereit.
Die "Atlantis" war gefunden.

Pressekritiken Kaperfahrten des Seeteufels

"Die Piraten des Kaisers" - Zweiteiliger Dokumentarfilm (1). Sie kaperten fremde Frachter, raubten die verwertbare Ladung und nahmen die Mannschaften gefangen, bevor sie deren Schiffe versenkten. Doch die Männer, die sich da während des Ersten und Zweiten Weltkriegs als Piraten auf den Weltmeeren herumtrieben, handelten im staatlichen Auftrag. Und zumindest einer von ihnen, Felix Graf von Luckner, brachte es durch seinen Bericht ("Der Seeteufel") über seine tollkühnen (Un-)Taten auf hoher See später sogar zu einiger Berühmtheit.

Dokumentarfilmer Jürgen Stumpfhaus hat Luckners Erinnerungen von allem Abenteurer-Seemannsgarn befreit und rekonstruiert mit Hilfe von Archivbildern und anderen Dokumenten die Geschichte der "Seeadler". Ein als harmloser Segler getarntes Kriegsschiff, das 1916 in See stieß und unter Luckners Kommando zahlreiche Nachschub-Frachter der Kriegsgegner versenkte, bevor die Besatzung schließlich auf der Südsee-lnsel Mopelia strandete. Eine spannende Dokumentation, bei der lediglich der Versuch einige Szenen mit (Laien-)Darstellern an Originalschauplätzen nachzustellen, wenig überzeugend ausfallt. Die Männer, die da mit angeklebten Bärten und stets blütenweißen Matrosenhemden auf der Südsee-lnsel unter den Palmen lagern, haben denn doch eher etwas von einer Karnevalstruppe.

Bei einem zweiten Film "Die Piraten des Diktators" (Donnerstag 21.45 Uhr, ARD) konnte Stumpfhaus auf dieses fragwürdige Stilmittel verzichten. Denn auf der "Atlantis", einem als Frachter getarnten Kreuzer, den die Nazis - in ähnlicher Mission wie seinerzeit Luckners "Seeadler"- 1939 auslaufen ließen, war auch ein Kameramann an Bord, dessen sensationelle Bilder hier erstmals zu sehen sind. Darüber hinaus gibt es auch überlebende Matrosen der "Atlantis", die die Archivaufnahmen durch ihre Erinnerungen ergänzen. Und einer von ihnen heißt wahrhaftig Hans Albers. (22.05 Uhr ARD)




Neue Westfälische 23.12.99
Kleinod
"Die Piraten des Kaisers", Dienstag ARD

Kleinod von einer Story: Ein als Handelssegler getarntes deutsches Kriegsschiff kreuzte im Ersten Weltkrieg im Atlantik, kaperte und versenkte in Piratenmanier feindliche Schiffe. Die Handlung beinhaltet ritterliche Taten, Schiffbrüche und Romanhaftes. Etwa daß der schiffbrüchige Kapitän der "Seeadler", nachdem er in einem Biboot 4000 Kilometer weit getrieben war, strandete und von den Maori als Wiedergeburt eines Häuptlings verehrt wurde.
Autor Jürgen Stumpfhaus ließ den exotischen Charme der Geschichte lebendig werden, nahm nachgestellte Aufnahmen, Filmszenen von Seeschlachten und Zitate aus Schiffstagebüchern zu Hilfe. So war seine Dokumentation keine trockene Lehrstunde, sondern eine spannende Geschichte wie man sie sich am Kaminfeuer erzählt. Wegen mancher Ungenauigkeit aber, die sich der Autor erlaubte, rumorte dabei stets die Frage im Hinterkopf, wieviel Seemannsgarn in der ganzen Sache stecken mag. Cornelia Wystrichowski




Frankfurter Rundschau 23.12.99
Die Piraten des Kaisers (ARD)

Spannende Histore

Was fällt einem zu "Graf Luckner" ein? Der "Seeteufel", der so mächtig "Seemannsgarn" spinnen konnte und noch in hohem Alter Telefonbücher übers Knie brach? Jürgen Stumpfhaus grub die wahre Geschichte über den Kommandanten des "Seeadlers" aus, dem mit Kanonen bestückten Segelschiff der "Kaiserlichen Marine", das "in geheimer Mission" 1916 in See stach, um Handelsschiffe der Kriegsgegner zu kapern und zu versenken. Abenteuerlich, grotesk, kriminell! 13mal hat das geklappt, bis die "Piraten des Kaisers" selber Schiffbrüchige wurden und auf einer paradiesischen Insel Robinson Crusoe spielen durften. Stumpfhaus kramte und fischte zu Tage: Originalfilmaufnahmen, die die Hurra-wir-ziehen-in-den-Krieg-Begeisterung und die später auftretenden Stürme zeigten, denen die Besetzung ausgesetzt war. Kriegstagebücher, aus denen zitiert wurde und die bewiesen, mit welcher Ballermann und Co.- Infantilität ausgewachsenen Männer das Leben angehen. Daten und Fakten, die das schlichte Fazit ergaben, daß die Politik unter Kaisers Regierung nichts mit Menschenrechten zu tun hatte und die Deutschen sich sogar in Schiffskojen als Bürokratenpingel erwiesen.
In den reichlich nachgestellten Szenen an Originalschauplätzen allerdings dominierten wieder die schnieken Marine-Uniformen, kritische Einordnung fehlte. Trotzdem ein spannendes Stück Historie.
Rosemarie Bölts

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